Sonntag, 14. Februar 2016

Abseits

Das Kopfsteinpflaster liegt in unebener Schönheit auf unbeachteten Nebenstraßen, während sich die Zeit im Rinnstein sammelt.
Zwischen den Zweigen zeichnet die Phantasie Gesichter in einen Himmel, der jeden Moment Regen auf ausgetrocknete Grasflächen herab fallen lassen möchte und doch unentschieden die Schleusen verschlossen hält.
Abseits der unebenen Schönheit sitzt eine Gestalt, die Baskenmütze nur einige unbedeutende Zentimeter zu tief in die Stirn gezogen, umhüllt von einem zu weit wirkenden Regenmantel in herbstlichen Beigetönen, auf einer Parkbank, unmittelbar unter einer Birke, welche sich altersgram der Erde zuneigt.
Aus der Entfernung betrachtet mutet die Szene als eine solche an, die auf einen Künstler wartet. Die Staffelei stets unter dem Arm tragend beträte er die Grünfläche vor der Parkbank, dem Schild am Rande zum Trotz, welches das Betreten als verboten ausweist.
Auf einer Palette mischte der junge Mann, dessen Oberlippe ein französischer Schnauzbart zieren müsste, Farben an, um das sich ihm präsentierende Stillleben einzufangen.
In die zaghaften Anfänge eines Gesprächs vertieft würden sich der Künstler und sein Modell dem Geschehen um sie herum entziehen, bis zur Vollendung eines in Ewigkeit gebannten Moments und beraubten die Großstadt mit der Leichtigkeit präziser geführter Pinselstriche eines Teils ihrer Anonymität.
Inzwischen mischten sich unter die angesammelte Zeit im Rinnstein ausgesprochene Geheimnisse, gerade so weit entlassen, dass sie auf der Spitze einer Zunge zu liegen kämen. 

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